Datum
15.08.2022
Titel
Erklärung der Landesgruppe Bremen/ Niedersachsen im Bundesverband Pflegemanagement zur Prüfung und Überarbeitung des Pflegeberufegesetzes (PflBG) und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe (PflAPrV)
Untertitel
Pflegemanagement und Pflegepädagogik identifizieren Probleme, fordern eine Überarbeitung der gesetzlichen Regelungen und zeigen Lösungswege auf.
Text

Am 06.Juli 2022 trafen sich verschiedene Pflegemanager in Osnabrück zu einer Tagung mit dem Thema „Generalistische Ausbildung – Zukünftige Tendenzen und Erfahrungsaustausch“. So wurden zu dieser Tagung Dozenten aus der Berufsfachschule Pflege vom Niels Stensen Bildungszentrum in Osnabrück, von der Berufsbildenden Schule Wilhelmshaven und von der Stadt Wilhelmshaven eingeladen. Der Austausch zwischen praktischer und theoretischer Ausbildung stand im Fokus dieser Tagung. Im Rahmen der bisher gemachten Erfahrungen mit der neuen Generalistischen Pflegeausbildung konnten die Teilnehmenden unten aufgeführte Kritikpunkte identifizieren und fordern eine Überarbeitung zur Verbesserung der zukünftigen Ausbildungsstruktur:

  • Die teilweise hohe Quote der Auszubildenden, die ihre Ausbildung aus verschiedensten Gründen abbrechen (ca. 30%) sollte Anlass zum Nachdenken geben. Die Ausbildung erfordert ein hohes Maß an persönlicher Begleitung und Anleitung. Gerade im Rahmen der extrem gestiegenen Arbeitsverdichtung aufgrund des steigenden Personalmangels sowie zunehmender Versorgungskomplexität, müssen Auszubildende in der Praxis besonders gute Unterstützung während des Praxiseinsatzes erfahren. Diese Unterstützung ist nach unserer Auffassung in Abhängigkeit der Anzahl der anzuleitenden Auszubildenden nur durch freigestellte Praxisanleitende sicherzustellen.
  • Im europäischen Vergleich werden Pflegende überwiegend im Rahmen von Bachelor- und Masterstudiengänge fachlich auf den Beruf vorbereitet. Deutschland zeigt hier eine große Ausnahme und bietet die 3jährige Ausbildung an. Der Akademisierungsgrad in Deutschland von Pflegenden liegt lediglich bei ca. 1%. Hierbei treffen zwei grundlegende Probleme aufeinander.
  • Einerseits soll die Pflegequalität u.a. auch durch eine qualitativ hochwertige Ausbildung kontinuierlich zunehmen, andererseits wurden die Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung auf ein niedrigeres Niveau gesetzt. Derzeit ist als Zugangsvoraussetzung eine erfolgreich abgeschlossene zehnjährige allgemeine Schulbildung. Insofern ist das Niveau der Auszubildenden zu Ausbildungsbeginn als durchaus heterogen zu bezeichnen. Hier muss eine engmaschige Evaluation Erkenntnisse darüber liefern, inwieweit die erleichterten Zugangsvoraussetzungen Ausbildungsabbrüche begünstigen, da geforderte Leistungen von den Auszubildenden nicht genügend erbracht werden können.
  • Das Wahlrecht für den Ausbildungsabschluss wird weiterhin sehr kritisch gesehen. Das politische Ziel einer Generalistische Ausbildung kann dadurch ausgehebelt werden und wird auch zukünftig in den Einrichtungen viele Fragen zum Umgang mit diesen Abschlüssen aufwerfen. Einige gesetzliche Regelungen/ Weiterbildungsordnungen auf Landesebene, u.a. (z.B. Fachweiterbildung Kinderkrankenpflege, Anerkennung von Kompetenzzentren) widersprechen noch dem Generalistischen Ausbildungssystem. Hier müssen klare Strukturen und eindeutige Vorgaben (möglichst bundesweit) geschaffen werden.
  • Die Nichtbeteiligung der Rehabilitationseinrichtungen im Ausbildungsprozess ist nicht nachvollziehbar, geht es doch bei der Generalistischen Ausbildung um eine rehabilitative, präventive Pflege und Beratung von Patientinnen und Patienten. Diese Tätigkeiten sind im rehabilitativen Setting als Kernaufgaben festgeschrieben. Ein praktischer Einsatz in der Rehabilitation während der Ausbildung kann nur über einen Wunscheinsatz (2 Wochen Praxiseinsatz) erfolgen. Rehakliniken dürfen nicht als Träger der Generalistischen Ausbildung fungieren. Diese gesetzliche Regelung stößt auf Unverständnis und muss umgehend geändert werden.
  • In den Krankenhäusern müssen strukturierte Einarbeitungskonzepte für die Pflegefachfrauen und –männer entworfen werden, um den fachlichen Input bei den neuen Mitarbeitenden in medizinischen Belangen zu fördern. Aufgrund der Struktur der Generalistischen Ausbildung ist von einem Nachholbedarf an medizinischen Kenntnissen auszugehen, um die Qualität der pflegerischen Versorgung halten zu können.
  • Die durch die Länder geregelten Ausbildungszeiten zu Pflegeassistentinnen und Pflegeassistenten (einjährig oder zweijährig) erschweren zusätzlich die Vergleichbarkeit solcher Abschlüsse und damit auch Überlegungen für eine verkürzte Ausbildung zur Pflegefachfrau/ zum Pflegefachmann. Eine einjährige Pflegeassistentenausbildung ersetzt vermutlich nicht ein Jahr der Ausbildung im Rahmen der Generalistischen Pflegeausbildung. Hier sollte es eine klare Regelungsempfehlung geben.